Die Verbindung zwischen Rennstrecke und Straße
Im Gespräch mit Michael-Julius Renz, Geschäftsführer der Audi Sport GmbH
DIE AUTOSEITEN: Herr Renz, Sie sind nun ein halbes Jahr bei Audi Sport und stehen der Geschäftsführung vor. Wie hat sich die Zeit bis jetzt für Sie angefühlt?
Renz: Es war erstmal eine wunderschöne Zeit. Das ist sicherlich auch darin begründet, dass ich davor dreieinhalb Jahre in China war und die Erfahrung dort sammeln konnte. Es ist ein sehr engagiertes Team und die Nähe zum Motorsport macht sich natürlich durch die Veranstaltungen bemerkbar. Die Geschwindigkeit ist hoch: Wir haben eine gute Schlagzahl von Fahrzeugen, die jetzt auf den Markt kommen werden. Die Q-Offensive wird kommen. Das sind alles RS Modelle, die bei uns entwickelt und zur Serienreife geführt werden. Im Moment befinden wir uns in der Hochlaufphase, in der Details am Nürburgring und auf anderen Rennstrecken getestet werden, um das Auto für unsere Erfordernisse zu ertüchtigen.
DIE AUTOSEITEN: Jetzt kann man sich ja vorstellen, dass man gewissen Erwartungen hat, wenn man so ein Unternehmen führt. Sind Ihre Erwartungen bislang erfüllt worden oder mussten Sie viele Schrauben nachjustieren? Sie haben ja bestimmte Vorstellungen, wie Sie das Unternehmen beziehungsweise die Marke in die Zukunft begleiten möchten.
Renz: Für uns ist die Marke Audi Sport die rote Raute. Da schlägt unser Herz. Die Verantwortlichkeit für die Marke zu haben, heißt auch umfassenden Einfluss auf alles nehmen zu können was die rote Raute trägt. Das ist ein Ziel. Das haben wir intensiv mit dem Vorstand diskutiert. Das ist eher der Markenaspekt: Alles was rote Raute trägt, gehört unter ein Dach. Das ist bei anderen Firmen, wie der Audi AG auch so. Dazu kommt jetzt der Umstieg von der reinen Verbrenner Welt in eine Zukunft des elektrischen Fahrens. Das muss man lokal betrachten: Wo sind die Märkte mit den Kunden, die solche Autos fahren. Sind das eher diejenigen die auf Track Days gehen um einen 10-Zylinder Verbrenner mit 5,0 Liter Hubraum zu hören und zu fühlen. Auf der anderen Seite wenn man an Formel E und an 120. 000 Menschen denkt, die beispielsweise in Zürich an der Rennstrecke stehen: Das sind zwei Interessensblöcke die heute existieren – und wir müssen die Produktangebote definieren, die wir den Kunden machen. Den ersten Einstieg werden wir mit einem vollelektrischen Grand Tourismo machen. Dieses Auto wird Ende 2020 kommen, da stecken wir voll in den Vorbereitungen. Der Weg aus der Verbrenner Welt in die Elektrische ist vorgezeichnet.
DIE AUTOSEITEN: Werden die RS Modelle von denen Audi Sport gewachsen ist, in Zukunft nicht mehr so eine große Bedeutung haben?
Renz: Wie groß die Bedeutung von elektrischen beziehungsweise nicht elektrischen Fahrzeugen ist das bestimmt der Kunde in erster Linie. Man kann kommerziell nicht vereinheitlichen. Es gibt Kundengruppen die stark am klassischen Verbrenner hängen und es gibt auf der anderen Seite eine neue Generation Denker und mobiler Menschen, die die elektrische Seite in Anspruch nehmen wollen. Und die sagen: Ich möchte ohne Reue fahren. Wir bieten ja nicht nur diese Konstellation an, sondern wir forschen ob es nur elektrisch sein muss oder ob es auch ein CNG-Modell g-tron sein kann. Auch das könnte ein super Sportwagen werden: Dann fährt der Kunde einen klassischen Verbrenner mit 600 PS und hat dabei CO2 Werte, die so niedrig sind, dass er auch in die Stadt fahren kann.
DIE AUTOSEITEN: Sie müssen verschiedene Wege gehen und verschiedene Bedürfnisse der Kunden bedienen. Sie sprachen gerade schon Verbrenner, Elektrik oder CNG an. Ist das für Audi Sport auch eine Option?
Renz: Für uns ist das in der Analyse immer ein Thema. Als ich hier angetreten bin, war ich ja unvoreingenommen und habe mir mit meinen Kollegen zusammen überlegt was mögliche Wege sein könnten. Die Kernfrage dahinter ist immer: Was ist technisch machbar und kommerziell sinnvoll? Die technische Machbarkeit gibt uns aktuell viele Möglichkeiten. Die kommerzielle Sinnfähigkeit gilt es dann abzuprüfen. Ich glaube jetzt der Vorstoß mit dem ersten voll batterie-elektrisch betriebenen Sportwagen, dem Gran Tourismo, ist ein erster Indikator für uns um herauszufinden ob der Markt da ist, die Positionierung richtig ist und an welcher Stelle die Kundenerwartung steht. Wir gehen als Audi Sport einen mutigen Schritt voran und das bedeutet ja auch einen technologischen Umstieg. Das Auto wird in Böllinger Höfen gefertigt, einer Manufaktur in der wir heute den R8 produzieren. Dort wird die neue Technologie implementiert und das ist für alle Mitarbeiter eine riesen Herausforderung und natürlich eine klasse Chance. Und die nutzen wir. Und da sind wir froh der erste im Unternehmen und so ziemlich auch im Wettbewerbsumfeld zu sein.
DIE AUTOSEITEN: R8 ist ein gutes Stichwort: Das ist ja das Haupt-Gen von Audi Sport. Wie sieht die Zukunft beim R8 aus?
Renz: Ich sehe Sie sehr positiv. Das Auto ist gerade mal in der zweiten Generation. Wir erwarten jetzt die Produktaufwertung. Also es ist noch nicht mal im zweiten Lebenszyklus. Wir haben viele gute Ideen für das Auto und auch viele Inspirationen, die von den Kunden kommen. Da möchte ich jetzt noch nicht ins Detail gehen aber wir sehen bei dem Auto Potential. Wir schauen auf die Verknüpfung von Rennstrecke und Straße. Für uns ist der R8 das stärkste Bindeglied an dem diese Verbindung sehr offensichtlich wird. Die Überschneidung zwischen GT3 und dem Serienfahrzeug beträgt 50 Prozent. Bei einem LMS gibt es 60 Prozent Überschneidung. Die Autos laufen über ein und dasselbe Band und werden von den gleichen Leuten produziert. Ein Kunde kann davon ausgehen: Wenn er den Wagen auf dem Band sieht und dahinter direkt ein Rennwagen folgt, hat er ein Stück Renngeschichte in seinem Auto.
Nicht nur wir sondern auch Rennfahrer sind von dem Wagen überzeugt. Der Fahrer, der heute den dritten Platz gemacht hat, findet das Chassis vom Wagen wahnsinnig stabil. Das ist für ein Rennfahrzeug exorbitant wichtig, weil die Stabilität über die Präzision des Fahrens bestimmt. Außerdem war er vom Motor begeistert. Er ist bereits 30.000 Kilometer mit dem Aggregat im Auto gefahren. Bei anderen Marken, die er gefahren ist, musste das Auto nach 5500 – 6500 Kilometern in die Revision. Für das Produkt ist, dass ein Ritterschlag, ein echtes Statement für die Zuverlässigkeit und für einen Teambesitzer natürlich auch ein Kostenfaktor. Ich will damit sagen: Das Produkt an sich ist hochleistungsfähig, überlegen, siegfähig auf der Rennstrecke. Der Schritt von der Rennstrecke auf die Straße wird beim R8 ganz konsequent durchgezogen. Das merkt man auch wenn man sich den Fahrzeugabsatz anschaut. Viele Kunden wollen eher noch mehr Leistung und das absolute Topmodell. Das ist ein klares Signal dafür, dass das Auto viel Potential hat, das der Wagen viel Fahrfreude vermittelt und Spaß für die Besitzer mit sich bringt.

