Die Performance-Marke Volkswagen R will 2022 deutlich wachsen

Die Performance-Marke Volkswagen R will 2022 deutlich wachsen

DIE AUTOSEITEN:

Herr Jost die Volkswagen R GmbH, als eigenständige Volkswagen Tochter gibt es nicht mehr, dennoch sind die R-Modelle als Performance-Varianten weiterhin im Angebot. Was ist der Hintergrund für die Umstrukturierung?

Peter Jost:

Die Umstrukturierung dient einfach der Optimierung unserer internen Abläufe, damit wir Synergien mit der Volkswagen AG nutzen, Know-how austauschen und wir noch näher an die Marke rücken. Das Kundenerlebnis ändert sich dadurch nicht. Der Kunde hat bisher eigenständige R Produkte bekommen und wahrgenommen. Das wird auch zukünftig so sein.

DIE AUTOSEITEN:

Ist dies ein Vorteil, weil die Wege im Unternehmen schneller sind?

Peter Jost:

Die Entscheidungswege sind kürzer, wir sind noch näher an der Serie. Wir synchronisieren uns noch stärker, profitieren voneinander und können damit natürlich auch die Kosten besser im Griff behalten. Wir wollen den Kunden ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

DIE AUTOSEITEN:

Wie würden Sie die Kern-Gene der R-Modelle beschreiben?

Peter Jost:

Punkt eins ist Performance. Wir bieten mindestens 300 PS, Allrad und eine extrem sportliche  Fahrzeugabstimmung. Das ist der Kern der Marke, wir emotionalisieren mit unseren Produkten. Punkt zwei ist die Alltagstauglichkeit: Morgens auf die Rennstrecke, mittags zum Einkaufen – kein Problem. Diesen Spagat kriegen wir sehr gut hin. Wir verstehen uns selbst übrigens auch als nahbare und empathische Performance-Marke. Wir bieten darüber hinaus eine hohe Wertigkeit. Das heißt, wir achten sehr drauf, dass wir ein Premium-Erlebnis anbieten, gerade im Interieur. Auch das Thema Innovation hat bei uns Tradition. Die Logik ist klar: Wir bringen zuerst eine Innovation in unsere Modelle und bieten diese dann VW für die Serie an. Wir gehen dadurch also in die Breite und demokratisieren Technologie im Volkswagen Konzern.

Der Golf R32 war der erste Volkswagen, der das Doppelkupplungsgetriebe (kurz DSG) hatte. Oder der Torque Splitter im R-Performance Torque Vectoring: Damit ist die Kraftverteilung hinten an der Achse immer da, wo ich sie brauche. Dies sind aber nur einige Beispiele. Durch die so gewonnenen Skaleneffekte reduzieren wir die Kosten, um den Kunden ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten zu können. Auch das Design ist von enormer Bedeutung. Wir werden immer bezeichnet als die „Wölfe im Schafspelz“. Man sieht das dem R-Modell nicht unbedingt sofort an, aber Design ist unseren Kunden schon sehr wichtig. Es darf auch ein Spoiler sein, gerade jetzt beim Golf R. Wenn man sich hinten das Heck anschaut, sieht das schon imposant aus, aber es ist nie protzig. Unsere Kunden sind sehr selbstbestimmt, sehr selbstbewusst und haben es auch gar nicht nötig, das nach außen zu tragen. Hier ist eher Understatement angesagt.

Peter Jost, Leiter Vertrieb und Marketing Volkswagen R
DIE AUTOSEITEN:

Sie sprachen vom Golf R 32, jenes Modell, das 2002 den Startschuss gegeben hat. Mittlerweile sind 250.000 R-Modelle verkauft worden. Sind die R-Modelle eine Erfolgsstory?

Peter Jost:

Absolut, 2021 hatten wir rund 30.000 Bestellungen – mehr als jemals zuvor. Damit sprechen wir über das erfolgreichste Verkaufsjahr in der Geschichte von Volkswagen R. Und das in Zeiten von Corona und Halbleitermangel. Die Versorgungssituation ist alles andere als einfach, und wir könnten noch viel mehr verkaufen. Das heißt, wir haben ein prall gefülltes Auftragsbuch. Der Markterfolg gibt uns Recht: Ich glaube, die Themen Performance und Design werden immer eine Rolle spielen, auch mittel- und langfristig in der Elektromobilität.

2022 wollen wir noch mal deutlich wachsen. Wir kommen jetzt mit der Ikone Golf R in die USA, einem Markt mit sehr hohem Potenzial. Dann gehen wir auch in Australien an den Start. Das ist ein extrem Performance-affiner Markt. Die Australier sind verrückt nach R, das kann man wirklich so sagen. Dort bringen wir fast alle R-Modelle in den Markt. Das heißt, alleine durch diesen Roll-out auf dem internationalen Markt außerhalb Europas werden wir extrem wachsen. Mittel- und langfristig bietet uns natürlich auch die Elektromobilität große Chancen. Wir wissen, dass unsere Kunden für neue Technologien offen sind. Grundsätzlich passen Performance und Elektromobilität sehr gut zusammen.

DIE AUTOSEITEN:

Mit dem vollelektrischen Rekord-Renner ID.R gab es bereits einen Vorreiter der ID Family. Was ist eigentlich aus dem ID.R geworden?

Peter Jost:

Der steht im Moment bei den Kollegen der Volkswagen Klassik und kommt ins Museum in die Autostadt. Der ID.R hat als rein elektrischer Rennwagen sämtliche Rekorde gebrochen. Wir haben als Volkswagen gezeigt, was beim Thema Elektro-Performance möglich ist.

DIE AUTOSEITEN:

Würde sich dann nicht ein ID.3 R anbieten?

Peter Jost:

Wir beschäftigen uns im Rahmen der Volkswagen Unternehmens-Strategie  ACCELERATE natürlich intensiv mit dem Thema Elektromobilität um perspektivisch unseren Beitrag zum „Way to Zero“ zu leisten. Aber wir werden in der Automobilbranche in diesem Jahrzehnt im Wesentlichen einen Dreiklang von Verbrennern, Hybriden und rein elektrischen Fahrzeugen sehen.

DIE AUTOSEITEN:

Heute gibt es den Touareg R, dessen V6 Turbo-Benziner von einem Elektromotor unterstützt wird. Wie kommt diese Performance bei der Kundschaft an?

Peter Jost:

Auch hier sind die Auftragsbücher prall gefüllt und haben unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Wir haben im Moment eher das Problem, dass wir nicht schnell genug produzieren können. Das heißt, dass der ein oder andere Kunde leider warten muss. Der Touareg R ist sehr beliebt in Märkten, in denen wir nicht so eine hohe R-Dichte haben, beispielsweise in Frankreich und Spanien. In Deutschland, Schweiz und UK wie auch in Norwegen und den Niederlande kommt das Konzept des Plug-in-Hybrid ebenfalls sehr gut an. Und mit seiner Systemleistung von 462 PS bekommt man für sein Geld sehr viel Leistung. Er ist auch der stärkste Serien-VW, den es bisher jemals zu kaufen gab.

DIE AUTOSEITEN:

Das Angebot der R-Modelle wird immer umfangreicher. Liegt eigentlich die Hauptaufmerksamkeit bei den SUV-Modellen wie den TRoc und Tiguan?

Peter Jost:

Jein ist die Antwort. Der Bestseller ist und bleibt der Golf R. Damit machen wir das größte Volumen eines R Modells. Aber natürlich bleiben die SUVs für uns wichtig, da diese Segmente noch wachsen – wobei im Gegensatz zu Tiguan R und der Touareg R, den echten SUVs, der TRoc eher ein CUV ist, also ein Kompakt-SUV. Am Ende entscheidet der Kunde, was er – oder sie – haben möchte.

Beim Tiguan R gab es keinen Vorgänger. Mit ihm sind wir aus dem Stand in Europa im ersten Jahr mit dreißig Prozent Marktanteil die Nummer eins im Segment geworden. Da schaut auch der Wettbewerb ein bisschen neidisch auf uns. Beim TRoc R ist es ähnlich, mit zwanzig Prozent Marktanteil die Nummer zwei im Segment, auch aus dem Stand sehr erfolgreich. Und beim Touareg R ist die Nachfrage ungebrochen hoch. In Australien und anderen Märkten spielen SUVs nach wie vor eine wichtige Rolle. Doch am Ende des Tages ist der Golf R der Kern der Marke, 100% R DNA, der hat eine gewisse Tradition. Nach zwanzig Jahren kennt dieses Fahrzeug fast jeder. Er ist und bleibt der Bestseller, auch in unseren Planzahlen für 2022.

DIE AUTOSEITEN:

Wenn wir uns den deutschen Markt ansehen, wer ist hier der Bestseller? Sie sprachen gerade vom Golf R, zudem gibt es auch den Arteon Shooting Brake als R-Modell. Wie kommen dieses Modell an?

Peter Jost:

Der Arteon R hat unsere Erwartungen übertroffen; alleine im vergangenen Sommer gab es in Deutschland über tausend Arteon R Shooting Brake Kunden. Das ist das Doppelte dessen, was wir intern erwartet haben. Wir sind mit allen R-Modellen zufrieden. Und der deutsche Markt ist natürlich für uns aktuell der Wichtigste. Ein Drittel der Fahrzeuge im Jahr 2021 sind im deutschen Markt verkauft worden. Der Heimatmarkt spielt eine herausragende Rolle, neben UK und der Schweiz. Das sind die Top-Drei in Europa. Wenn 2022 weitere Märkte hinzukommen wie USA und Australien, wird sich das Volumen etwas verschieben. Dennoch bleibt Deutschland, mit über 10.000 Bestellungen 2021, auch in diesem Jahr der wichtigste Markt.

DIE AUTOSEITEN:

Die R-Modelle sind auch mit dem hauseigenen Allradantrieb 4Motion ausgestattet….

Peter Jost:

Immer.

DIE AUTOSEITEN:

Hier stellt sich die Frage, ist das der Grund, warum es keinen Polo R gibt?

Peter Jost:

Unser Einstiegsmodell ist der T-Roc R mit einem Preis von knapp 50.000 Euro, der Golf R liegt etwas darüber. Die Frage ist als Premium Performance Marke immer, wie viel niedriger geht man in der Produktpalette? Es gibt ja einen Polo GTI, der quasi auch das Performance-Segment bespielt. Die Frage ist also, wie weit „geht man runter“, auch mit dem Preis? Insofern tun wir markenstrategisch gut daran, beim R einen Einstiegspreis festzusetzen. Wenn die Elektroautos kommen, werden die Karten sicherlich noch einmal neu gemischt. Dann werden wir uns die Frage der Dehnbarkeit der Marke neu stellen. Für eine Premium Performance Marke ist es aber auch nicht unbedingt relevant, die ganze Modellpalette zu bespielen. Wichtig ist, was aus Kunden- und Markensicht sinnvoll ist. Deswegen liegt aktuell unsere Grenze beim T-Roc R, und damit fahren wir ganz gut.

DIE AUTOSEITEN:

Sie haben kürzlich bei den Volkswagen-Händlern spezielle Verkaufsflächen für Ihre R-Modelle errichtet. Welchen Mehrwert gibt es für die Kunden und gibt es diese spezielle Verkaufsfläche bei allen oder nur bei ausgesuchten Händlern?

Peter Jost:

Wir bieten diese Verkaufsfläche allen Händlern an. Sie können aber selbst entscheiden, ob sie diese bestellen. Das hat auch mit den Räumlichkeiten zu tun. Wir haben beispielsweise VW Händler in großen Städten, die gar nicht den Platz haben. Uns geht es um den Markenaufbau. Wo nimmt der Kunde R wahr? Da gibt es einmal die digitalen Kanäle mit der VW Website, aber auch die sozialen Medien wie Facebook, Instagram, YouTube und jetzt auch LinkedIn, da sind wir überall präsent. Aber natürlich ist das Autohaus ein ganz wichtiger Touch Point, an dem der Kunde uns als Marke R wahrnehmen soll.

Deswegen wollen wir das Momentum unserer Produkt-Offensive mit sieben neuen R-Modellen nutzen, um auch eine eigene Premium-Plattform zu bespielen. Der Kunde hat R bislang nur als ein Produkt unter vielen im Showroom wahrgenommen, aber jetzt gibt es einen eigenen R-Bereich. Wir wollen dadurch für unsere Kunden ein besonderes Kauferlebnis in einem exklusiven Umfeld schaffen und eine ganz besondere Atmosphäre vermitteln. Wir sind natürlich integraler Bestandteil von VW, aber der Kunde soll wahrnehmen, dass R ein Premium Produkt mit mehr Performance und ein ganz besonderes Produkt ist. Und das soll sich auch auf der Präsentationsfläche widerspiegeln.

DIE AUTOSEITEN:

Auf der einen Seite gibt es die R-Modelle, zudem bieten Sie auch die Ausstattungsvariante R-Line bei den Serienmodellen an….

Peter Jost:

Es gibt logischerweise Synergien zwischen R-Line und R. Der R ist erst mal das Fahrzeug, bei dem ich die Power unter der Haube habe, also die beste Motorleistung, die besten Bremsen, die optimale Fahrwerksabstimmung etc. Die R-Line übernimmt teilweise im Interieur und Exterieur die Optik des R’s. Dadurch profitiert die R-Line natürlich vom Abstrahleffekt der Marke R.

DIE AUTOSEITEN:

Wie hoch ist die Nachfrage bei der R-Line Ausstattung?

Peter Jost:

In Europa gibt es einige VW Modelle, bei denen sich jeder zweite Kunde für einen R-Line entscheidet. Die Line ist optisch einfach hoch attraktiv. Da zahlt der Kunde zwar etwas mehr, bekommt aber auch etwas Besonderes. Eine klassische Win-Win-Situation. Wir stimmen das Design beim R und der R-Line immer gemeinsam ab, um Lösungen zu finden, von denen beide Seiten profitieren.