Der nächste Meilenstein im F1-Projekt

Der nächste Meilenstein im F1-Projekt

Nico Hülkenberg, der erste Audi-Pilot steht fest

Den Formel 1-Einstieg für 2026 gab Audi im August 2022 bekannt. Jetzt, Ende April 2024, hat Audi seinen ersten Fahrer verpflichtet: der Deutsche Nico Hülkenberg wird ab 2025 für das Kick-Sauber-Team an den Start gehen, das mittlerweile zu 100-Prozent  Audi gehört und bei dem hinter dem Tagesgeschäft der Formel 1 Saison 2024 längst der große Um- und Ausbau zum Audi-Werksteam läuft.

Nico Hülkenberg (37) ist einer der erfahrensten Piloten der Formel 1, dem der ganz große Durchbruch bislang immer verwehrt geblieben ist. Stand GP Miami 2024 hat der Deutsche Rennfahrer 209 Grand Prix bestritten und wartet noch immer auf seinen ersten Podiumsplatz – seit seinem Debüt 2010. Trotzdem ist Hülkenberg in der Formel 1 hoch eingeschätzt. Bestes Beispiel war seine Verpflichtung Anfang 2023 beim amerikanischen Haas-Team. Hülkenberg ersetzte den „glücklosen“ Mick Schumacher, der im Vergleich zum zweiten Haas-Piloten Kevin Magnussen schlecht ausgesehen hatte. Hülkenberg stieg Anfang 2023 in den Haas-F1 und ließ Magnussen keine Chance – sehr schlecht für Mick Schumacher, aber gut für Nico Hülkenberg! Hintergrund: Schon während der Saison 2023 bestanden Kontakte zu Audi, aber Haas zog seine Option für 2024 und Hülkenberg musste in dieser Saison bei Haas bleiben.

Nico Hülkenberg beim F1-Saisonauftakt in Bahrain

„Nico ist eine starke Persönlichkeit“

Aber für 2025 war Nico Hülkenberg vertraglich frei und Andreas Seidl, der von Audi verpflichtete Sauber-CEO, kennt Hülkenberg aus gemeinsamen Porsche-Zeiten. 2015 gewann Hülkenberg für Porsche die legendären 24 Stunden von Le Mans. Andreas Seidl war damals Porsche-Teamchef. Deshalb war es naheliegend, dass Seidl „Hulk“ für das Sauber-Team verpflichtet. „Die Verpflichtung von Nico ist ein nächster Meilenstein für das Formel-1-Projekt von Audi. Mit seinem Speed, seiner Erfahrung und seinem engagierten Teamwork wird er schon 2025 einen wichtigen Beitrag für den Einstieg von Audi in der Saison 2026 leisten“, sagt Andreas Seidl, CEO des künftigen Audi-F1-Werksteams. „Es gab auf Anhieb großes gegenseitiges Interesse, ein Projekt mit dieser Einmaligkeit gemeinsam anzugehen. Nico ist eine starke Persönlichkeit, seine Impulse auf fachlicher und menschlicher Ebene werden uns sowohl bei der Entwicklung des Fahrzeugs als auch beim Aufbau des Teams voranbringen.“

Andreas Seidl, CEO des künftigen Audi-F1-Werksteams

Nico Hülkenberg sagt: „Die Perspektive, für Audi an den Start zu gehen, ist etwas ganz Besonderes. Wenn ein deutscher Hersteller mit einer solchen Entschlossenheit in die Formel 1 einsteigt, dann ist das eine einmalige Chance. Das Werksteam einer solchen Automobilmarke mit einer Power Unit „made in Germany“ zu repräsentieren, ist für mich eine große Ehre.“ 2025 ist das letzte und wichtigste Vorbereitungsjahr für das Sauber-Team bevor 2026 der offizielle Brand-Wechsel zu Audi stattfindet. Hauptsponsor heute und auch 2025 ist Stake, ein australischer Online-Wettanbieter, das aber offiziell Team Kick-Sauber heißt. Kick gehört zum Imperium der Stake-Eigentümer und ist eine Streaming-Plattform. Der Online-Wettanbieter Stake darf in einigen Ländern keine Werbung machen und deshalb wählte man Kick als offiziellen Namensponsor.

Neue Infrastruktur ausbauen  

Fakt ist: Sauber steht vor der Aufgabe, sich im letzten Übergangsjahr 2025 deutlich zu verbessern. Die Sauber-Belegschaft ist in den letzten 18 Monaten deutlich gewachsen. Von ca. 450 Mitarbeitern ist die Mannschaft mittlerweile auf ca. 600 erweitert worden. Bis 2026 wird daraus ein Werksteam von wahrscheinlich 900 Mitarbeitern werden. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn um neue Mitarbeiter zu akquirieren, müssen diese von ihren bisherigen Teams losgeeist werden – was oftmals mit „gardening leave“, also arbeitsloser, bezahlter Wartezeit – verbunden ist. Gleichzeitig muss die Infrastruktur in Hinwil, dem Schweizer Sitz von Sauber massiv ausgebaut werden, um Platz für die neuen Mitarbeiter zu schaffen.

Immerhin: seit einigen Rennen sieht man in der Sauber-Box neue Gesichter. Es wurden Mechaniker von Aston-Martin abgeworben und auch der ehemalige Red Bull-Chefmechaniker Lee Stevenson verstärkt seit dem GP Japan das Sauber-Team.

Carlos Sainz bei Audi im F1-Cockpit?

Kommt Carlos Sainz oder Guanyu Zhou

Trotzdem ist Sauber aktuell eines der schlechtesten Teams und liegt nur auf Platz 9 in der Formel-1-WM, ohne Punkte. Entsprechend schwierig ist es, einen Toppiloten zu motivieren, zu Audi zu wechseln. Ganz oben auf der Wunschliste der Ingolstädter steht seit Monaten Carlos Sainz. Der Spanier, dessen Vertrag bei Ferrari nicht verlängert wurde, passt ideal zum Audi-Team: schnell, guter Entwickler, weiß wie man Rennen gewinnt, und hat durch seinen Vater Carlos Sainz Senior, der Anfang 2024 für Audi die Dakar Rallye gewann, die besten Verbindungen. Nur, Sainz pokert, denn es gibt noch immer zwei Top-Plätze in der Formel 1 für 2025 zu besetzen: ein Cockpit bei Mercedes und zumindest einen Platz bei Red Bull. Solange nicht final geklärt ist, ob Max Verstappen bei Red Bull bleibt, wird Sainz abwarten. Denn eines ist auch klar: das Audi-Projekt ist ein Langzeit-Projekt. 2025 ist ein Übergangsjahr ohne Aussicht auf Siege, 2026 das erste Jahr des neuen Reglements mit 500 PS aus den Verbrenner-Triebwerk und 500 PS aus dem Elektroantrieb. An Audi-Siege ist realistisch nicht vor 2027 oder 2028 zu denken. Möchte der heute 29jährige Carlos Sainz nicht auf seinen nächsten F1-Sieg warten?

Guanyu Zhou fährt abseits der Rennstrecke den Audi RS7

Was passiert, wenn Sainz absagt? Wer die Begeisterung gesehen hat, die der Chinese Guanyu Zhou beim diesjährigen GP China auslöste, kommt ins Grübeln. Würde es zumindest kurzfristig Sinn machen Zhou zu behalten und als Audi-Zugpferd für den so wichtigen chinesischen Markt zu nutzen? Oder sind Piloten wie Gasly oder Ocon attraktivere Optionen? „Rentner“ Sebastian Vettel wurde vor wenigen Wochen für ein Comeback bei Mercedes – als Ersatz für den zu Ferrari wechselnden Lewis Hamilton – ins Gespräch gebracht. Wäre er auch ein Pilot für Audi? Bis sich Carlos Sainz entschieden hat, bleibt allerdings noch viel Raum für Spekulationen.

F1-Photos by Lukas Gorys

DIE AUTOSEITEN vor Ort: Im Gespräch mit Nico Hülkenberg