Ein hoffnungsloser Fall?

Ein hoffnungsloser Fall?

Ferrari in der Formel 1 – „Diesem Team fehlen zurzeit Herz und Seele“

Selten hat der Teamwechsel eines Rennfahrers für ein derartiges Aufsehen gesorgt, wie Lewis Hamiltons Wechsel 2025 von Mercedes zu Ferrari. Schon der erste Tag des siebenfachen Weltmeisters bei seinem neuen Arbeitgeber in italienischen Maranello war ein weltweites Medien-Ereignis. Tausende Fans standen an der Teststrecke von Fiorano, um die ersten Runden von Lewis Hamilton im Ferrari zu erleben und den Superstar zu begrüßen.

Lewis Hamilton

Aber von der Euphorie der ersten Tage ist nach zehn Rennen der Saison 2025 wenig übriggeblieben. Der Ferrari SF25 ist mit großen Vorschuss-Lorbeeren in die Saison 2025 gestartet. Aber weder Hamilton noch sein Teamkollege Charles Leclerc, der seit 2019 für die Scuderia Ferrari an den Start geht, konnten die hohen Erwartungen der Ferrari-Fans bislang erfüllen. Lewis Hamiltons Sieg im GP China Sprintrennen von Shanghai war nur ein Strohfeuer. Natürlich holte Leclerc mit Platz zwei in Monaco und Platz drei in Barcelona zwei Podiums-Plätze. Aber sind damit die Ansprüche, die man an die Scuderia Ferrari stellt, erfüllt? Musste man dafür mit einem gewaltigen Millionen-Betrag die F1-Legende Lewis Hamilton verpflichten?

Sebastian Vettel bei Ferrari

Fakt ist: Ferrari tritt seit Jahren auf der Stelle und scheint nun die Karriere eines weiteren Superstars der Formel 1 zu zerstören. Rückblick und zur Erinnerung: 2010 bis 2014 fuhr der spanische Doppelweltmeister Fernando Alonso für die Scuderia, ohne einen WM-Titel zu erobern. Am Ende verabschiedete er sich mit den Worten: „Ich habe die Nase voll von zweiten Plätzen.“ Ihm folgte Sebastian Vettel, der mit vier WM-Titeln (!) in Folge 2015 zu Ferrari kam. In die Nähe eines WM-Titels schaffte Vettel es in keinem seiner sechs Jahre bei Ferrari. Am Ende trennte man sich von dem Deutschen und setzte alle Karten auf den jungen Charles Leclerc, der seit 2019 bei Ferrari fährt. Hat Leclerc – anerkanntermaßen einer der schnellsten Fahrer seiner Generation- seither viel erreicht? Insgesamt acht Siege eroberte Leclerc in sechs Jahren. Die ersten beiden Siege 2019 wurden mit einem – wie sich im Nachhinein herausstellte – wohl illegalen Ferrari-Motor errungen. Mit seinen weiteren sechs Siegen kam er niemals auch nur in die Nähe eines WM-Kampfes.

Das starke Ferrari-Team: Jean Todt, Luca di Montezemolo und Michael Schumacher

Und nun Lewis Hamilton, der seit Saisonbeginn am SF-25 verzweifelt und während des GP in Kanada recht anschaulich erklärte, was mit dem Wagen nicht in Ordnung ist: „Er ist wie ein Typ, der nicht tanzen kann, der kein Rhythmus und kein Taktgefühl hat“. Die Saison 2025 kann Hamilton jetzt schon abschreiben und konzentriert sich zusammen mit dem technischen Team von Ferrari darauf, dem nächstjährigen Ferrari das Laufen beizubringen. Ob ihm das gelingt, bleibt abzuwarten. Denn wer ist eigentlich der technische Leiter bei der Scuderia Ferrari, der Verantwortliche, bei dem alle Fäden zusammenlaufen und der die Kompetenz besitzt, ein Sieger-Formel-1-Auto zu designen?  Auf diese Frage bekommt man in Italien oft zur Antwort: Viele und doch keiner so richtig.

Ferrari-Team 2025: Charles Leclerc und Lewis Hamilton

Im vergangenen Jahr wäre ein kompetenter Technischer Direktor verfügbar gewesen: Adrian Newey – verantwortlich für 18 WM-Titel in der Formel 1 – hatte Red Bull verlassen und suchte eine neue Herausforderung. In ersten Gesprächen mit Ferrari hat Newey gefordert, was er später bei Aston Martin bekommen hat: „Carte Blanche“, die totale Kontrolle über den gesamten technischen Bereich. Newey wäre für Ferrari ein Segen gewesen, die Lösung vieler Probleme, aber die Scuderia ließ diese Gelegenheit verstreichen, weil man Newey nicht die komplette Macht geben wollte. Die Frage ist, wer sich dagegen sträubte? Und damit kommen wir zum Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur, der Franzose ist seit Januar 2023 für das Ferrari-F1-Team verantwortlich. Man holte ihn, um die Scuderia nach vorne zu bringen. Im Innersten hofften die Verantwortlichen wohl, er wäre ein neuer Jean Todt –Rückblick: Er hatte in den 90er Jahren mit Michael Schumacher Ferrari zur Siegerfabrik umgebaut und mit dem Deutschen von 2000 bis 2004 fünf WM-Titel (!) in Folge erobern konnte.

Ferrari Teamchef Frederic Vasseur

Heute ist Frederic Vasseur weit davon entfernt auch nur annähernd in die Fußstapfen seines Landsmann Jean Todt zu treten. Der frühere Ferrari- und Fiat Chef Luca di Montezemolo sagte Journalisten am Rande des GP in Bahrain: „Dem Ferrari-Team fehlen zurzeit Herz und Seele!“  Seit klar ist, dass Ferrari die erste Saison mit Lewis Hamilton abschreiben muss, wetzen die italienischen Journalisten ihre Messer und beginnen sich auf Vasseur einzuschießen. Gerüchteweise sucht John Elkann, der mächtige FIAT-CEO, schon einen Nachfolger für Vasseur. Angeblich hat man Christian Horner kontaktiert, den langjährigen Red Bull Teamchef und auch eine Ferrari-interne Lösung steht offenbar zur Diskussion: Antonello Coletta, der seit ein paar Jahren das WEC-Team von Ferrari leitet und mit dem Team jetzt zum dritten Mal die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat. Frederic Vasseur wurde auf diese Gerüchte angesprochen und kritisierte lautstark die italienischen Medien. Sich mit der Presse anzulegen, ist nie eine gute Idee und die Unruhe, die derzeit bei Ferrari herrscht, wird dadurch nicht beendet, sondern eher noch verstärkt.

F1-Photos by Lukas Gorys