Monacos Glanz ist längst verblasst

Monacos Glanz ist längst verblasst

Bis vor wenigen Jahren war der GP Monaco das Highlight jeder Formel 1 Saison. Teams, die ihre Sponsoren beeindrucken wollten, luden deren Bosse nach Monaco ein – Partys auf einer schicken Yacht mit direktem Blick auf die Rennstrecke, noble Hotels mit Tradition, dazu das legendäre Spielcasino, weltbekannte Nachtclubs und zahllose Prominente die von den Filmfestspielen aus Cannes herüber kamen – Monaco war am Wochenende des Formel 1 Rennen jahrzehntelang der „Place to be“.

Von dieser Tradition und diesem Nimbus hat das Rennen auf den verwinkelten Straßen des Fürstentums am Mittelmeer lange gezehrt und sich – mangels Alternativen der Formel 1 – jede Menge Privilegien und Ausnahme-Regelungen gesichert.  Der frühere F1-Boss Bernie Ecclestone gewährte Monaco spezielle Vereinbarungen: der lukrative Paddock Club wird in Monaco vom Veranstalter ACM selbst betrieben und vermarktet sowie die TV-Übertragung wurde von einer einheimischen TV-Gesellschaft ausgerichtet. Und Monaco hat sogar das Recht, eigene Sponsoren an der Strecke zu bewerben, die in Konkurrenz zu den Hauptsponsoren der F1 stehen. Ein Beispiel dafür: Monaco hat einen langjährigen Vertrag mit der Uhrenfirma TAG-Heuer, die Formel 1 dagegen wird von Rolex gesponsert. Und dann noch als Zusatz-Clou: der Automobilclub von Monaco (ACM) zahlt im Vergleich zu anderen Veranstaltern nur ein sehr geringes Antrittsgeld an die Formel 1. Man wird ja gebraucht und hat genügend Ausgaben zu tragen, um die Strecke Jahr für Jahr auf- und abzubauen.

Stadtkurs mit Nachteilen

Solange Bernie Ecclestone die Formel 1 regierte, war die Welt für Monaco in Ordnung. Hingegen wissen die neuen amerikanischen Eigentümer Liberty um die jahrzehntelange Tradition, aber sie sehen auch die Nachteile des Stadtkurses im Fürstentum – und davon gibt es einige. Die Logistik der Rennstrecke ist ein Alptraum. Das Fahrerlager ist viel zu klein, die Wege vom Paddock zu den Boxen sind eine „kleine Weltreise“. Mit Reifen und Ersatzteilen quälen sich die Mechaniker über Brücken und Treppen an die Boxen. Mehrmals am Wochenende stehen sich Fans, VIPs und Mechaniker, die alle die gleichen Wege benutzen müssen, so auf den Füßen, dass kein Vorwärts und kein Zurück mehr möglich ist. Die Formel 1 kommt dann für Minuten zum kompletten Stillstand.

Mittlerweile hat das neue F1-Management von Liberty den Formel 1 Kalender in neue Märkt und neue Orte expandiert. Die Hotspots der Formel 1 befinden sich heute in Singapur, Abu Dhabi, Miami und ab 2023 auch im Spielerparadies Las Vegas. Hier hat Liberty sogar 240 Millionen US-Dollar investiert, um ein spektakuläres Boxen- und VIP-Gebäude zu bauen, das außerhalb des F1-Events als Casino und F1-Ausstellung genutzt werden soll. Vergleicht man die Infrastruktur der neuen modernen F1-Locations mit Monaco, dann fällt erst auf, wie sehr die Formel 1 aus dem Fürstentum gewachsen ist. Und das eigentliche Rennen: Überholen kann man auf dem traditionellen Kurs überhaupt nicht. Dieser Grand Prix ist in der Regel eine langweilige Prozession und wenn noch wie in diesem Jahr der Strom der Startampel ausfällt und für Startverzögerungen sorgt, dann ist das alles nur noch peinlich.

Monegassische Infrastruktur anpassen

Liberty hat lange still gehalten. Aber 2022 endet der Vertrag zwischen Monaco und der Formel 1 und schon hat man dem Veranstalter gezeigt, was Sache ist: Traditionell fand in Monaco das erste Training am Donnerstag statt. Gestrichen! In diesem Jahr wurde ein ganz normaler F1-Zeitplan mit erstem Training am Freitag durchgedrückt. Und die Vertragsverlängerung, die in den vergangenen Jahrzehnten ein Selbstläufer war, ist dieses Mal alles andere als sicher. Wie stellt sich der ACM die Zukunft vor? Wie will er die monegassische Infrastruktur für die Formel 1 den Anforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen? Wie will er die Strecke verändern, um Überholen auch mit den modernen F1-Rennwagen zu ermöglichen? Der 84jährige ACM-Präsident Michel Boeri hat darauf keine Antworten.

Erster Grand Prix  ab 2023 in Las Vegas

Und deshalb verließ das F1-Management (sogar der oberste Liberty Boss Greg Maffei war am Wochenende anwesend, um sich ein Bild von der Lage zu machen) nach dem Grand Prix das Fürstentum ohne neuen Vertrag. Natürlich wird man in den kommenden Monaten weiter verhandeln, aber es könnte durchaus sein, dass im F1-Kalender 2023 der traditionelle Grand Prix von Monaco fehlt. Nur um den Verantwortlichen zu verdeutlichen, dass man es ernst meint. Fürst Albert muss sich fragen, ob er bereit ist, die Infrastruktur der Rennstrecke so modernisieren zu lassen, dass sie modernsten Standrads entspricht. Das wird nicht billig und ist teilweise eine fast unlösbare Aufgabe. Monaco hätte es niemals für möglich gehalten. Aber die Formel 1 könnte auf ihr Lieblings-Rennen verzichten. Die Zocker und Gambler, die Kartenspiele und Roulette mit Autorennen verbinden, haben ab 2023 in Las Vegas eine neue Heimat – und Monaco muss sich neu erfinden.